Das SOV/SOM-Equilbrium
Was ist SOV?
Der Share Of Voice einer Marke gibt an, welchen relativen Anteil die Werbung einer Marke im Bezug zur Konkurrenz in der jeweiligen Kategorie hat. Traditionell wird der Share Of Voice einer Marke mit dessen Mediabudget, also dem Geld, das für TV-Werbeplätze oder Plakatwerbeplätze ausgegeben wird, für in einen gewählten Zeitraum durch die Werbetreibenden berechnet.
Wenn es in einem Dorf also zwei Bäckereien gibt und die eine zehn Plakatwände bespielt und die andere fünf Plakatwände gebucht hat, so hat die erste Bäckerei einen SOV von zwei Drittel und die zweite einen SOV von einem Drittel bei einem Gesamtwerbevolumen von 15 Plakatwänden in der Back-Kategorie.
In den 1970ern formulierte James Peckham, dass eine Marke ihr Werbebudget basierend auf dem angestrebten Marktanteil definieren sollte. Etwas 15 Jahre später zeigt John Phillip Jones, dass es einen Zusammenhang zwischen Share Of Voice und Marktanteil ( SOM ) gibt.
Danach festigten Peter Field und Les Binet das Konzept des Zusammenhangs von Share Of Voice und Marktanteil in ihren Arbeiten und Studien zu Marketing Effectiveness-Prinzipien.
Stellen wir uns eine Kategorie in der es vier Unternehmen gibt, vor:
Unternehmen A gibt pro Jahr 300.000 € aus, Unternehmen B 500.000 €, Unternehmen C 250.000 € und Unternehmen D nur 100.000 €. Das Gesamtvolumen beträgt also 1.150.000 €. Somit hat Unternehmen A einen SOV von rund 26 %, Unternehmen B 43 %, Unternehmen C 22 % und Unternehmen D 9 %. Der eigene Anteil dividiert durch das Gesamtwerbevolumen mal 100 %.
Mit der zunehmenden Fragmentierung und erhöhten Komplexität der digitalen Werbekanäle wird die Zahl ungenauer, da die Qualität der Werbeplatzierungen stark variiert. Die Bedeutung des Share Of Voice ist jedoch für Unternehmen nach wie vor massiv wichtig.
Den eigenen Share Of Voice zu ermitteln kann mitunter schwierig sein – wer jedoch mit Mediaagenturen zusammenarbeitet, bekommt von ihnen die Werte. Für kleinere Unternehmen ist es besser einen „educated guess“ vorzunehmen, als das Konzept zu ignorieren.
Warum das ganze wirklich wichtig ist, zeigt das SOV/SOM-Equilibrium.
Was James Peckham entdeckt hat, wurde folgend immer wieder bestätigt:
Der Marktanteil einer Marke gleicht meist dem Share Of Voice. Die beiden Werte befinden sich im Equillibrium, also im Gleichgewicht.
Quelle: Media in Focus - Marketing Effectiveness in the Digital Era, IPA, Les Binet, Peter Field
Daraus entstand das Konzept des „eSOV“ – Excess Share Of Voice. Damit ist Share Of Voice gemeint, der über den bestehenden Marktanteil hinausgeht.
Unser Unternehmen A, mit einem SOV von 26 % wird höchstwahrscheinlich einen Marktanteil von 26 % in der Kategorie haben. Da in Unternehmen A gut ausgebildete Marketer arbeiten, beschließen sie im kommenden Jahr einen höheren SOV anzustreben. Sie budgetieren so, dass sie einen SOV von 36 % erreichen werden. Das bedeutet, dass sie bei einem Marktanteil von 26 % einen eSOV von 10 % haben. Peter Field und Les Binet haben 2007 gezeigt, dass Unternehmen A im Durchschnitt 0.5 % an Marktanteil zulegen wird.
Das bittere für kleinere Marken ist, dass ihre Werbeaktivitäten weniger stark greifen, als die großer Marken.
Große Marken können teilweise einen leicht negativen eSOV haben und trotzdem ihre Marktanteile halten, da sie durch ihre bestehende Größe stabiler sind. Wenn eine Marke jedoch auf längere Sicht einen negativen eSOV hält, wird die Marke an Marktanteil verlieren.
Ausnahmen bestätigen die Regel:
Es gibt Unternehmen, die diesem Gesetz entkommen. Dies ist sehr, sehr selten und auf eine längere Periode gesehen nicht wahrscheinlich.
Ein Beispiel sind die Anfangsjahre von Tesla, wo die Person und vor allem die Reichweite Elon Musks und die damit einhergehende Medienpräsenz fehlendes Werbebudget kompensiert haben.
Wenn das Produkt nicht passt, die Verkaufskanäle nicht entsprechend aufgebaut sind oder der Preis nicht akzeptiert wird, hilft einem zusätzlicher Share Of Voice auch nicht.
Limitierungen sehen wir auch auf digitalen Werbekanälen. Früher als Werbeplatzierungen in ihrer Qualität viel vergleichbarer waren, waren auch die resultierenden Ergebnisse vorhersehbarer. 70.000 € für TV-Platzierungen haben für verschiedene Unternehmen ähnliche Wirkung. Je nachdem wie gut im digitalen Raum auf Platzierungen geachtet wird, die aufmerksamkeitsstark sind und die weniger von Ad Fraud (wie zB. Bot-Traffic oder Made-For-Advertising-Websites) betroffen sind geachtet wird, können sich die Werbewirkung beträchtlich unterscheiden. Mehr dazu im Artikel „Triple Jeopardy Of Attention“.
SOV und Rezession
In Zeiten von wirtschaftlichen Unsicherheiten, in denen Werbebudgets gekürzt werden, zeigt sich eine besonders effektive Maßnahme. Durch die Reduktion der Werbebudgets ist es günstiger excess-Share Of Voice zu erreichen. Das wird vor allem dann schlagend, wenn sich die Wirtschaftslage wieder stabilisiert hat: Unternehmen, die ihren SOV gehalten oder ausgebaut haben, gingen aus vergangenen Rezessionen klar gestärkt hervor.
Gültigkeit & Case Study
Das Gesetz des SOV/SOM-Equilibriums gilt nach wie vor. Über alle Kategorien und Bereiche hinweg.
Halt, Stopp – aber B2B:
Das LinkedIn B2B Marketing Institute hat gezeigt, dass es auch im B2B-Bereich gilt.
Prof. Mark Ritson zeigt in diesem Video, wie Lidl das Prinzip in Großbritannien äußerst intelligent und erfolgreich umgesetzt hat.
Natürlich ist das Equilibrium, wie oben beschrieben, nicht der einzige Faktor für erfolgreiches Marketing - es ist aber ein äußerst starker!
Vielen Dank fürs Lesen - ich freue mich auf Kommentare, Fragen und Diskussion auf LinkedIn.
Quellen und Leseempfehlungen: